Am 28. März 2016 erlag Annelore Brammer geb. Weiß im Alter von 85 Jahren einem Krebsleiden, das sie bis vor wenigen Wochen noch hoffte, überwinden zu können. Nicht nur für ihre Familie und ihre zahlreichen Freundinnen und Freunde ist dies ein schmerzender Verlust, auch der Deutsche Akademikerinnenbund trauert um eine engagierte Kämpferin für die Gleichstellung der Frauen und eine große Motivatorin.
Annelore Brammer wurde in Kiel geboren. Sie war Kielerin durch und durch. Ihr Abitur machte sie an der Käthe Kollwitz Schule. Anschließend studierte sie von 1951 – 1954 erfolgreich Volkswirtschaftslehre an der CAU, wo sie sich über all die Jahre im Studentenparlament engagierte. Ihre berufliche Laufbahn begann sie an der Landesbank Schleswig-Holstein. Ihren späteren gleichaltrigen Mann hatte sie schon während der Schulzeit kennengelernt. Dessen plötzlicher, früher Tod 1973 war für die Mutter einer kleinen Tochter, die noch nicht sehr lange wieder in Teilzeit beruflich tätig war, ein herber Schlag. Sie war von heute auf morgen gezwungen Beruf und Kindererziehung als alleinerziehende Mutter zu meistern, was ihr vorhandenes Organisationstalent voll zur Entwicklung brachte.
Schon in der Schulzeit waren ihr im Geschichtsunterricht auf der Käthe Kollwitz Schule die Diskussionen um die Gleichberechtigung der Frauen sehr nahe gebracht worden. Als junge Witwe lernte sie dann intensiv, ihre Rechte als Frau durchzusetzen, sich aber gleichzeitig auch für die Rechte aller Frauen einzusetzen.
Sie unterrichtete als Quereinsteigerin an den Beruflichen Schulen in Kiel vor allem Bankkaufleute, war im Personalrat dieser Schulen, lange Jahre als Vorsitzende, war Bezirksvorsitzende des Verbandes der Lehrer an Wirtschaftsschulen (VLW). Sie machte sich stark dafür, dass auch Frauen sich für Direktorenpositionen bewarben und diese auch bekamen. Aus dieser Position heraus engagierte sie sich ab 1990 als Rentnerin, nach der Öffnung der Grenze zu Ostdeutschland, in Stralsund und beriet das Kollegium der dortigen Berufsschule, gab Seminare für Lehrkräfte im Auftrag des damaligen IPTS Kiel und unterrichtete dort auch als Vertretungskraft.
Sie engagierte sich als Vorsitzende des Fördervereins von REFUGIO, einem Verein der traumatisierten Flüchtlingen vom Balkan half und später vom Paritätischen Wohlfahrtsverband übernommen wurde und übernahm an der IGS Friedrichsort Patenschaften für Migrantenmädchen, um ihnen den Start in die Berufswelt zu erleichtern.
Ihr Engagement für die Gleichstellung der Frauen führte sie 1977 zum Deutschen Akademikerinnenbund (DAB) Kiel. 1982 wurde sie erstmals in den Vorstand gewählt. 1984 wurde sie Vorsitzende des DAB Kiel, eine Position, die sie bis 1999 innehatte. Auch danach bis heute blieb sie Mitglied im Vorstand. Nach der Wende unterstützte sie die Gründung einer Ortsgruppe des DAB in Stralsund. Besonders die Kontakte zu benachbarten Gruppen, aber auch die internationalen Verbindungen des DAB lagen ihr am Herzen.
Sie war Mitglied im Bundesvorstand des DAB und 9 Jahre lang Mitglied im Vorstand des Landesfrauenrat Schleswig-Holstein, zuerst als Schriftführerin, dann als Kassenwartin.
Für all diese ehrenamtliche Arbeit, die vor allem der Gleichstellung und den Rechten der Frauen gewidmet war, bekam sie 1997 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog in Berlin das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht.
Ihre Kontaktfreudigkeit und ihre Kontaktfähigkeit, ihr Ideenreichtun und ihre Hartnäckigkeit beim Durchsetzen ihrer Ideen waren für den DAB Kiel und alle anderen Organisationen, in denen sie tätig war, ein Glücksfall. Bis zuletzt bereicherte sie den DAB mit ihrem Unternehmungsgeist und ihrer Tatkraft.
Leider verlor sie jetzt ihren Kampf gegen den Krebs. Sie selbst bezeichnete Ihr Leben, als ihre Krebserkrankung vor zwei Jahren diagnostiziert wurde, als ein sehr erfülltes.